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von Anna Maria Hofer
Einleitung
Eigentlich gibt es zwei Geschichten der Grünen Biel: diejenige des Grünen Bündnisses GB / Alliance verte et Sociale AveS und diejenige der Grünen Freien Liste GFL / Les Verts Liste Libre VLL. Die beiden haben sich 2004 zu einer lokalen Partei zusammengeschlossen, zu «Grüne Biel / Les Verts Bienne». Erst 2006 folgte auch auf kantonaler Ebene der Zusammenschluss zur «Föderation Grüne Kanton Bern». Das Vorangehen der Grünen Biel hat sicher zu diesem kantonalen Beschluss beigetragen. Siehe dazu die «Geschichte der Grünen Kanton Bern» www.gruenebern.ch. In beiden Fällen war der Zusammenschluss der Kräfte erfolgreich. Dies zeigte sich insbesondere bei den nachfolgenden Wahlen.
Die Namen der Vertreterinnen und Vertreter aller erwähnten politischen Parteien in den städtischen und kantonalen Parlamenten sowie in der städtischen Exekutive seit 1981: Politische Mandate

Vorgeschichte Grünes Bündnis GB Biel

Die Vorgeschichte des GB ist wesentlich länger als diejenige der Grünen Freien Liste. Das GB war ein Zusammenschluss von drei Parteien: der Progressiven Organisation Schweiz POCH, der Sozialistischen Arbeiterpartei SAP (seit 1979, vorher Revolutionäre Marxistische Liga RML, Gründung 1969) und der Partei der Arbeit PdA, die jedoch vor allem durch eine einzelne Person in Erscheinung trat, heute Mitglied der Grünliberalen Partei GLP (ich werde deshalb nicht weiter auf sie eingehen). Für SAP und PdA war die nationale und internationale Vernetzung sehr zentral, für die POCH auch die kantonale.
Neben den politischen Parteien gab es in Biel noch verschiedene maoistische K-Gruppen-Anhänger, dann auch die Anarchisten rund um das Autonome Jugendzentrum AJZ. In historischen Nachschlagewerken werden diese einzelnen Parteien und Bündnisse meist zusammenfasst unter dem Begriff «Die neue Linke». Sie lehnten das herrschende System, den bürgerlichen Machtstaat und den ausbeuterischen Kapitalismus, ab. Konkrete Beispiele ihres Engagements: Die Vertretung der Jugend, die Gleichstellung der Frauen, die Frühpensionierung, die 35-Stundenwoche, die Verstaatlichung der Banken und von Schlüsselindustrien, sowie die Abschaffung der Armee. Fernziel war: die «klassenlose Gesellschaft». Um zusammen mit der SP/PS eine linke Mehrheit auch im Gemeinderat zu schaffen, kandidierte das GB im Jahr 1996 erstmals mit GFL, SP/PS und den Gewerkschaften als Team 2000 für die Exekutive.
2.1 Die Progressiven Organisationen Schweiz POCH

Die POCH verstand sich als Erneuerungspartei der PdA und wurde 1969 in Basel und 1971 gesamtschweizerisch gegründet. Sie bewegte sich nahe den Befreiungsbewegungen Afrikas und des Nahen Ostens (PLO, Frente Polisario etc.), sowie den sozialistischen Entwicklungsländern (Kuba, Nordkorea, Angola etc.) Sie verstand sich als verbundene antiimperialistische marxistische Kraft, die keiner Grossmacht nahe stand (weder UdSSR noch China). Die POCH hatte im Gegensatz zur SAP und PdA keine Ableger in der Romandie. Sie bestand in Biel aus wenigen sehr engagierten und aktiven Mitgliedern. Ihre Schwerpunkte setzten sie auf Planung, Stadtentwicklung, Ökologie (z.B. gegen den ausufernden Autobahnbau), Bildungsreformen (kant. Initiative «Fördern statt auslesen») und linke Wirtschaftspolitik. Viel Kraft ging verloren durch die ständige Abgrenzung zur SAP und vor allem zur SP, auf deren Unterstützung man gleichzeitig angewiesen war. Dies war sicher einer der wesentlichen Gründe, weshalb sich auch die POCH Biel 1987 dem Grünen Bündnis Kanton Bern anschloss und so ihre Kräfte bündelte.
2.2 Die sozialistische Arbeiterpartei SAP (vormals Revolutionäre Marxistische Liga RML)

1969 wurde die Revolutionäre Marxistische Liga RML in Lausanne gegründet. Sie wurde 1980 in SAP umgetauft. Als Kämpferin für einen Umbruch der bürgerlichen Gesellschaftsordnung und für eine Arbeiterdemokratie war es der SAP Biel immer wichtig, sich auch in ideologisch nahe stehenden Gruppierungen zu engagieren: Gewerkschaften, Anarchistische Gruppierungen, in der Gruppe Schweiz ohne Armee GSOA, in der Gruppe ums AJZ, dann auch in der Information für Frauen INFRA usw. In ihrer Blütezeit zählte die SAP ca. 30 aktive Mitglieder. Das politisch-gesellschaftliche Engagement war zentral und besetzte fast völlig die Freizeit. Das heisst, der politische Kreis war gleichgesetzt dem Freundeskreis. Die berufliche Arbeit diente der Finanzierung der Parteiarbeit. Das konkrete Engagement galt u. a. der Gleichstellung der Frau auf allen Ebenen, dem Kampf gegen Nachtarbeit von und gegen die Gewalt an Frauen, für eine sinnvolle Jugend-, Bildungs- und Gesundheitspolitik, gegen die Erhöhung des Rentenalters, für ökologische Massnahmen (Boden- und Verkehrspolitik), dann auch der Solidarität mit Nicaragua und Guatemala. Auch fanden die Befreiungsbewegungen gegen die Diktaturen von Spanien, Portugal, Chile und Argentinien die Unterstützung der SAP. Ein wichtiger Teil waren die Aktivitäten zugunsten der italienischen und spanischen Immigranten (letztere: Franco-Gegner). Auch die SAP fand es 1987 sinnvoll, ihre Kräfte im Rahmen des Grünen Bündnisses Kanton Bern zu bündeln und so ihre Anliegen wieder effektiver vertreten zu können.

Grünes Bündnis GB Biel

Mit dem Zusammenschluss der Linksparteien im kantonalen Rahmen wurde 1987 auch die Gründung Grünes Bündnis Biel möglich. Die Ziele und das Engagement für eine linke, solidarische Gesellschaft wurden pragmatischer, doch in ihrem tieferen Sinn blieben sie sich gleich: das GB will eine linke politische Konstante mit einer starken ausserparlamentarischen Verwurzelung bleiben. Viel stärker gewichtet wurde nun der Einsatz für eine ökologische Stadt. Ob die 1986 gegründete politische Bewegung Grüne Biel dazu beitrug, bleibt im Dunkeln.
Konkret kämpfte man weiterhin für gewerkschaftliche Anliegen, vermehrt wurden Vorstösse im Stadtrat eingereicht in den Bereichen Gesundheit, Berufsbildung, Gleichstellung zwischen Frauen und Männern, gegen Rassismus, zukunftsorientierte Verkehrspolitik (keine N5), Tempo 30 flächendeckend, Priorität dem öffentlichen Verkehr usw. usw. Mittel- und längerfristig wurden die Kräfte für die inner- und ausserpolitische Arbeit immer geringer und verteilten sich je länger desto mehr nur noch auf ganz wenige Köpfe. 2004 beschloss das GB den Zusammenschluss mit der Grünen Freien Liste GFL zu einer gemeinsamen Partei «Grüne Biel».

Grüne Freie Liste GFL Biel

Ab 1971 bis 1979 waren vor allem die grünen Bewegungen der Romandie sehr aktiv: das «Mouvement populaire pour l’environnement» MPE in Neuenburg und die «Groupement pour la protection de l’environnement» GPE in der Waadt. Später gründeten sich Grüne Parteien in Zürich und der Nordwestschweiz, sowie 1976 in Bern die Demokratische Alternative DA. 1983 formierten sich auf schweizerischer Ebene die «Grünen Alternativen der Schweiz» GRAS (die Wassermelonengrünen) und gleichzeitig eine «gemässigte» Föderation der Grünen GFS (die Gurkengrünen), später GPS.
Immer engagierten sich sehr viele Frauen in der GPS: Frauenanliegen vehement zu vertreten, war deshalb selbstverständlich. Die Hauptdiskurse jedoch prägten damals das Waldsterben, der Reaktorbrand in Tschernobyl und der Chemieunfall in Schweizerhalle. Die Bevölkerung wurde wachgerüttelt, das Engagement der GPS zu diesen Themen brachte ihr grosse Erfolge und dem Kanton Bern 1986 mit der Freien Liste FL zwei grüne Regierungsratssitze!
In Biel formierte sich 1986 eine kleine Gruppe bestehend aus Mitgliedern der Interessengemeinschaft Umwelt IGU, einer sehr aktiven Basisbewegung im Bereich Umweltschutz. Das Ziel der Gruppe war, die ökologischen Interessen nicht nur projektbezogen sondern auch politisch zu verfolgen, d.h. in den politischen Organen mitzuwirken. So wurden die «Grünen Biel» gegründet.
Nach den kantonalen Wahlerfolgen der Freien Liste wurden die Grünen Biel durch diese angehalten, der FL beizutreten. Es wurde gedroht, ansonsten eine dritte grüne Partei in Biel zu gründen. Dies nachdem sich 1987 bereits POCH und SAP zum Grünen Bündnis Biel zusammengeschlossen hatten. Nachdem der Vorstand der FL Kanton Bern den Grünen Biel zugesichert hatte, dass sie ihre Unabhängigkeit beibehalten könnten, sagten sie im Interesse einer Bündelung der Kräfte zu. Die Eigenständigkeit war insbesondere wichtig, weil die FL Biel im Gegensatz zur FL Kanton Bern keine bürgerliche Geschichte aufwies. Die FL Biel wollte parteipolitisch unabhängige Sachpolitik betreiben. Denn schon damals erkannte sie, dass grünes Engagement heisst, sich in allen Bereichen der Politik für das Wohl aller Bewohnerinnen und Bewohner Biels zu engagieren: Umwelt = Mitwelt.
Ab 1997 wurde die FL zur Grünen Freien Liste GFL. Die grosse Arbeit der GFL Biel wurde zunehmend honoriert. Dies zeigte sich sowohl durch Mandatsgewinne als auch durch einen ständigen Anstieg des Wähleranteils. Leider jedoch mussten die politischen Hintergrundaufgaben je länger desto mehr von wenigen engagierten Mitgliedern bewältigt werden. Zudem erlebte die GFL, dass ihre politischen Zielsetzungen (festgehalten in «GFL Biel: wir denken weiter») und das Engagement des GB in weiten Teilen einander entsprachen. 2004 entschloss sich deshalb die GFL mit dem GB zu fusionieren. Die Partei «Grüne Biel» wurde gegründet.

Grüne Biel

Wie oben erwähnt entstand 2004 die Partei Grüne Biel. Wiederum stand im Vordergrund, als engagierte starke Kraft weiterhin zu wachsen, was auch gelang! Das Ziel wurde damals so formuliert: Wir wollen eine soziale, ökologische und wirtschaftliche Politik der Nachhaltigkeit in der Stadt und im Amtsbezirk Biel umsetzen.
Grundlage dieser Politik bildet das Manifest der Grünen Partei Schweiz und die Statuten Grüne Biel, sowie konkrete Zielsetzungen der Grünen Biel (aus Unterlagen Wahlen 2004). Die engagierte jahrelange Arbeit und die Zielsetzungen im Hinblick auf die Wahlen wurden 2008 honoriert: ein voll- und ein nebenamtliches Mitglied wurden für den Gemeinderat gewählt. Acht Mitglieder vertreten die Grünen weiterhin im Stadtrat. Und dies, obwohl die Grünen Biel nach 1996, 2000 und 2004 wieder alleine zu den Gemeinderatswahlen angetreten sind.
Die aktuelle Finanzkrise verlangt von den Grünen grossen Einsatz, denn ihre Zielsetzungen werden fundamental in Frage gestellt. Können sie Antworten finden und entsprechend auch in Biel genügend viele Kräfte mobilisieren, um ihre Kernanliegen zu retten? Das Engagement lohnt sich!